Liberale Runde: FDP-Gemeinderäte werden sich für Aufkommensneutralität bei der Grundsteuer einsetzen
Liberale Runde: FDP-Gemeinderäte werden sich für Aufkommensneutralität bei der Grundsteuer einsetzen
Die Grundsteuer-Reform bleibt ein Thema von hoher Relevanz und lebhafter Diskussionen, wie sich kürzlich bei der Liberalen Runde der FDP Hirschberg zeigte. Über 20 interessierte Besucher nahmen an der Veranstaltung teil, die sich dem Thema „Wissenswertes zur Grundsteuer-Reform“ widmete. Dr. Ursula Renner (Bild Mitte), Finanzanalystin i.R. und stellvertretende Vorsitzende des FDP-Landesfachausschusses Wirtschaft, stellte dabei kritisch die Eckpunkte der Reform dar, was zu einer intensiven Debatte führte.
Die bisherige Berechnung der Grundsteuer, die den Gemeinden bundesweit ca. 15 Milliarden Euro jährlich einbringt, fußte auf sehr alten Einheitswerten, welche die Wertentwicklung nicht mehr abbildeten. Im Frühjahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht daher die Einheitswerte als Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Der dadurch in Zugzwang geratene Bundesgesetzgeber hat deswegen 2019 ein Reformgesetz zur Neuberechnung der Grundsteuer erlassen. Baden-Württemberg hat von einer Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und ein gegenüber dem Bundesgesetz modifiziertes Berechnungsverfahren eingeführt. Bis einschließlich 2024 wird die Grundsteuer aber noch nach dem bisherigen Verfahren berechnet.
Konkret heißt dies, dass in Baden-Württemberg seit 1.1.2022 neue Regeln zur Berechnung des Grundsteuerwerts gelten. Dieser ergibt sich aus der Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert, der durch die Gutachterausschüsse festgelegt wurde. Der Grundsteuerwert, multipliziert mit der Steuermesszahl (bei Wohngrundstücken 0,91/1000), ergibt sodann den Grundsteuermessbetrag. Dieser wird wiederum mit dem Hebesatz multipliziert wird, um die eigentliche Steuerhöhe zu errechnen.
In diesem Zusammenhang kritisierte ein Bürger, dass die Festlegungen des Gutachterausschusses bzgl. der Bodenrichtwerte völlig willkürlich seien. Niemand könne ihm sagen, anhand welcher Kriterien die Festlegungen erfolgt seien. Würde der aktuelle Hebesatz für bebaute Grundstücke beibehalten, zahle er ab 2025 nach seinen Berechnungen ungefähr 400% mehr Grundsteuer.
Oliver Reisig, Vorsitzender der FDP-Gemeinderatsfraktion (2. v.l.), bestätigte, dass die Berechnung der steuerlichen Grundlagen komplex und nicht immer verständlich sei. Auch sei es für die Gemeinde schwierig gewesen, Daten vom Finanzamt zu erhalten. Ferner frage er sich, wieso das Finanzamt zur Erstellung des Grundsteuerwert- und des Grundsteuermessbescheides Daten vom Bürger abgefragt habe, die ihm eigentlich schon vorlägen.
Reisig und FDP-Gemeinderat Tobias Rell (2. v.r.) versprachen, dass sie sich im Rahmen des rechtlich Möglichen für eine Aufkommensneutralität bei der Grundsteuer einsetzen werden: „Wir wollen verhindern, dass es zu einem wesentlich höheren Steueraufkommen kommen wird und uns für eine Senkung des Hebesatzes stark machen“, betonten Reisig und Rell. Über die Höhe des ab 2025 gültigen Hebesatzes wird im Gemeinderat wohl erst im Spätsommer abgestimmt. „Eine Senkung des Hebesatzes ist dabei das einzige Mittel der Gemeinde Hirschberg, um die Abgabenlast der Bürger nicht zu erhöhen. Dafür werden wir uns im Gemeinderat einsetzen“, so Reisig. „Wir können nicht verhindern, dass die Grundsteuer für den Einzelnen gegebenenfalls etwas höher ausfällt. Eine Erhöhung der Abgabenlast von 400 % und mehr wollen wir jedoch unbedingt verhindern.“
In der anschließenden Diskussion wurden noch einige zentrale Punkte aufgegriffen. Dr. Renner betonte die Komplexität der neuen Regelungen und setzte sich für mehr Transparenz bei der Festlegung des Hebesatzes ein. Sie sagte: „Gemeinden sollten die rechnerische Höhe eines aufkommensneutralen Hebesatzes veröffentlichen müssen. Weiterhin sehe ich die Möglichkeit einer erhöhten Grundsteuer C für unbebaute Grundstücke kritisch.“
Ein anwesender Anwalt berichtete von Einspruchsverfahren gegen Grundsteuerwert- und Grundsteuermessbescheide. Der Gleichbehandlungsgrundsatz könnte hier ein Hebel sein. Die Festlegungen der Gutachterausschüsse könne man jedoch nicht isoliert angreifen, es müsse gegen die Bescheide vorgegangen werden. Viele Rechtsfragen seien gerichtlich ungeklärt.
Kreisrat Hartmut Kowalinski, Mitglied im Kreistagsausschuss für Soziales, hob einen wichtigen sozialen Aspekt hervor: „Wird es bei der Grundsteuer teurer, müssen auch die Mieter, auf die der Vermieter die Grundsteuer umlegen kann, mehr zahlen.“
Die Veranstaltung verdeutlichte die Vielschichtigkeit und die offenen Fragen im Zusammenhang mit der Grundsteuer-Reform. Die FDP und ihre Vertreter setzen sich weiterhin dafür ein, eine gerechte und transparente Lösung zu finden.